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16.10.2024 |

Eindringliche Appelle und Forderungen zum Welternährungstag

REis
Genügend Nahrung - für 733 Millionen Menschen ein Traum (Foto: PublicDomainPictures)

Am 16. Oktober ist Welternährungstag – und Hunger und Mangelernährung rücken zumindest für diesen Tag ins Rampenlicht der Medienberichterstattung. Die Politik und internationale und zivilgesellschaftliche Organisationen warten mit Statements und Pressemitteilungen auf, um darauf aufmerksam zu machen, dass weltweit immer noch eine Dreiviertelmilliarde Menschen an chronischer Unterernährung leiden und dauerhaft zu wenige Kalorien zu sich nehmen. Und auf die traurige Tatsache, dass es bei der Hungerbekämpfung einfach nicht voran geht. Die Welternährungsorganisation FAO läutete den diesjährigen Welternährungstag in Rom mit einer Veranstaltung ein, auf der mahnende Reden geschwungen und Grußworte ausgestrahlt wurden. UN-Generalsekretär António Guterres sagte, dass etwas entschieden nicht stimme mit einer Welt, in der Hunger und Fehlernährung das tägliche Leben von Milliarden von Kindern, Frauen und Männern bestimmten. „Am Welternährungstag denken wir an jene 733 Millionen Menschen, die aufgrund von Konflikten, Marginalisierung, Klimawandel und Wirtschaftsabschwüngen unter einem Mangel an Nahrungsmitteln leiden – darunter auch diejenigen, die in Gaza und Sudan von menschengemachten Hungersnöten bedroht sind. Oder an die 2,8 Milliarden Menschen, die sich eine gesunde Ernährung nicht leisten können“, sagte er in einer Videobotschaft und forderte, die Ernährungssysteme unter Mitwirkung der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Forschungsinstitutionen und der Zivilgesellschaft radikal umzugestalten und so „effizienter, inklusiver, widerstandsfähiger und nachhaltiger“ zu machen. Papst Franziskus ließ über Fernando Chica Arellano, den Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhles bei der FAO, in Erinnerung rufen, dass Nahrung ein grundlegendes Menschenrecht ist: „Dieses Recht wird häufig unterlaufen und nicht gerecht angewandt, mit all den schädlichen Folgen, die das mit sich bringt.“ Die Prinzipien der Solidarität müssen die Grundlage der Entwicklungsprogramme bilden, um zu gewährleisten, dass die Bedürfnisse von Arbeitern, Bauern, Armen und Hungernden gehört werden, so Arellano.

Auch in Deutschland wurde der World Food Day in Erinnerung gerufen. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze betonte, dass es genug Lebensmittel und Geld auf der Welt gebe, um den Hunger zu besiegen. „Das Problem ist die zutiefst ungerechte Verteilung. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung kann sich keine gesunde Ernährung leisten. Frauen haben häufig keinen gesicherten Zugang zu Land, obwohl sie in vielen Ländern einen Großteil der Feldarbeit erledigen“, so Schulze. „Die besten Mittel gegen den Welthunger sind starke Frauen, soziale Sicherung und die Fähigkeit, selber anbauen zu können.“ Deutschland unterstütze dies gemeinsam mit vielen Partnern. Auch die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen meldete sich zu Wort: „Die weltweite Produktion, der Handel und die Verteilung von Nahrungsmitteln befinden sich in einem Ungleichgewicht. Dieses System wird unter anderem durch Dürren, Überschwemmungen, andauernde Kriege wie im Sudan und Überschuldung mancher Länder weiter belastet“, erklärten Ottmar von Holtz, Sprecher für Entwicklungspolitik, und Renate Künast, Sprecherin für Ernährungs- und Agrarpolitik. „Wir müssen daher jetzt auf allen Ebenen handeln, um unsere Ernährungssysteme zu transformieren und somit zukunftsfähig zu machen.“ Künast und von Holtz zeigen sich zuversichtlich, dass sich der Hunger in der Welt besiegen lässt: „Wir müssen die Landwirtschaft an die Klimakrise anpassen, die Landrechte von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern schützen und freien Zugang zu Saatgut sichern. Nahrungsmittel dürfen nicht zum Spielball für Spekulanten werden. Deshalb brauchen wir transparente Märkte und strenge Regeln für spekulative Anlagen.“ Das Ziel globaler Nahrungsmittelsouveränität könne nur erreicht werden, wenn Kleinbäuerinnen und Kleinbauern gestärkt und unfaire Handelspraktiken beseitigt würden.

Die Arbeitsgruppe Landwirtschaft und Ernährung (AG L&E) im Forum Umwelt und Entwicklung, in der sich Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen seit Jahren regelmäßig mit Agrar- und Ernährungspolitik befassen, erwartet angesichts der fehlenden Fortschritte bei der Hungerbekämpfung von der Bundesregierung, dass diese sich vehementer für die weltweite Überwindung von Hunger einsetzt. Denn es leiden nicht nur 733 Millionen Menschen und damit jeder Elfte an chronischem Hunger. Auch über zwei Milliarden Menschen befinden sich in mittlerer bis schwerer Ernährungsunsicherheit – das heißt, sie haben keinen regelmäßigen Zugang zu ausreichend Nahrung oder müssen zeitweise über einen Tag oder länger gänzlich ohne Nahrungsmittel auskommen. Das sind fast 30% der Weltbevölkerung und 776 Millionen Menschen mehr als noch vor zehn Jahren. „Die Hungerproblematik ist durch bloße Willensbekundungen nicht in den Griff zu bekommen. Regierungen und Unternehmen der Agrarindustrie müssen Verantwortung übernehmen und verantwortlich gemacht werden“, fordert Jan Dreier von der Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland. Das Recht auf Nahrung müsse in der nationalen und internationalen Ernährungspolitik tatsächlich Anwendung finden. Hier bestehe auch in Deutschland Nachholbedarf. „Die Bundesregierung sollte ihre Ressorts, vor allem das BMZ und BMEL, stärker zusammenwirken lassen und ihre Ernährungspolitik kohärent zu den Empfehlungen des UN-Welternährungsschuss zum Recht auf Nahrung ausrichten.” Die AG L&E verweist auch darauf, dass der diesjährige Welternährungstag mit dem 20. Jubiläum der UN-Leitlinien zum Recht auf Nahrung einhergeht. Doch obwohl es seit zwei Jahrzehnten diesen Leitfaden für Staaten zur Umsetzung des Menschenrechts auf angemessene Nahrung gibt, hat die Zahl jener, denen dieses Recht verwehrt bleibt, zugenommen. Daher seien auch in der deutschen Politik Verbesserungen zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung nötig. „Unabdingbar ist dabei, dass die Stimmen der von Hunger am stärksten betroffenen Menschen wie Kleinbäuerinnen und -bauern, Fischer*innen und Indigene im Zentrum aller Lösungsansätze stehen und sie ihre Anliegen direkt an die politischen Entscheidungsträger*innen richten können”, betont Josephine Koch vom Forum Umwelt und Entwicklung. (ab)

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