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19.05.2021 |

Fleischkonsum sinkt, Veggie-Produkte boomen in Deutschland

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Veggieburger sind im Trend (Foto: CC0)

Tofuwürstchen, Sojaschnitzel und vegetarische Brotaufstriche boomen: Die Produktion von Fleischersatzprodukten in Deutschland verzeichnete im letzten Jahr einen enormen Zuwachs, während der Umsatz beim Fleisch leicht zurückging. Das meldete das Statistische Bundesamt (Destatis) am 14. Mai. Im Jahr 2020 stieg die Produktion von Fleischersatzprodukten in deutschen Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr von 60,4 Tausend Tonnen auf etwa 83,7 Tausend Tonnen – ein Zuwachs von rund 39%. Der Wert der Fleischersatzprodukte erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 272,8 auf 374,9 Millionen Euro und legte damit um 37%. Es ist das erste Mal, dass das Statistische Bundesamt mit Vergleichsdaten aufwarten kann, da die Statistik zu Fleischersatzprodukten erst seit 2019 geführt wird. Unter der sperrigen Kategorie „Vegetarische und vegane Lebensmittelzubereitungen, zum Beispiel vegetarischer Brotaufstrich, Tofuprodukte, vegetarische oder vegane Lebensmittel, die dem äußeren Anschein nach Wurst ähneln“ tummelt sich alles von Sojabratlingen über vegane Teewurst und Tofu bis hin zum Seitansteak.

Der Wert der veganen und vegetarischen Alternativen bleibt trotz des Anstiegs weiter hinter den klassischen Fleischprodukten zurück: Der Wert von hierzulande hergestelltem Fleisch und von Fleischerzeugnissen betrug im Jahr 2020 rund 38,6 Milliarden Euro – und damit mehr als das Hundertfache des Wertes der Fleischersatzprodukte. Dennoch waren im Fleischsegment Einbußen zu verzeichnen: „Im Vergleich zum Vorjahr sank der Wert des produzierten Fleisches jedoch um rund 4%“, vermeldet Destatis. 2019 hatte der Wert der Fleischproduktion mit 40,1 Milliarden Euro noch den höchsten Wert in Deutschland seit zehn Jahren erreicht. Dieser Rückgang könnte auch mit der Corona-Pandemie im Zusammenhang stehen, vermuten die Statistiker*innen. Denn einige Fleischbetriebe mussten unter anderem wegen Verstößen gegen Hygieneschutzauflagen und hohen Ansteckungszahlen bei den Beschäftigten vorübergehend schließen.

Nicht nur der Wert der Fleischproduktion, auch der Konsum von Fleisch ist in der Bundesrepublik in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen. Während 1978 ein Haushalt im Schnitt noch gut 6,7 Kilogramm Fleisch im Monat verbrauchte, waren es vier Jahrzehnte später mit rund 2,3 Kilogramm im Jahr 2018 nur noch rund ein Drittel der Menge. Besonders deutlich fiel der Rückgang beim Schweinefleisch aus: 1978 verbrauchte ein deutscher Haushalt noch 3,1 Kilo pro Monat, während es 2018 noch gerade einmal 900 Gramm waren. Der Verbrauch von Rindfleisch sank im selben Zeitraum von 1,5 Kilo auf 600 Gramm, beim Geflügel reduzierte sich die verbrauchte Menge von 1,3 Kilo auf gut 800 Gramm. Zu beachten ist, dass diese Statistik in der Kategorie „Fleisch und Fleischerzeugnisse“ nur der Konsum von frischem Fleisch erfasst (ohne Innereien, einschließlich Hackfleisch). Wurstwaren, Räucher- und Trockenfleisch beziehungsweise anderes konserviertes oder verarbeitetes Fleisch, wie zum Beispiel Fleischsalat oder tafelfertig zubereitetes Fleisch wie Rinderrouladen, werden nicht in diese Kategorie eingerechnet. Aber auch andere Statistiken, die ebenfalls zum Beispiel die Wurstwaren enthalten, zeigen für das Jahr 2020 einen Rückgang an, schreibt die taz.

Die Zahlen zum Fleischkonsum stammen aus der alle fünf Jahre stattfindenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), bei der rund 60.000 private Haushalte Angaben zu Einkommen, Einnahmen sowie ihren Konsumausgaben machen. Ein Fünftel dieser Haushalte führt zudem detaillierte Aufzeichnungen zu den Ausgaben für Nahrungsmittel und den gekauften Mengen. Ebenfalls zu berücksichtigen ist bei der Auslegung der Statistiken, dass die Größe eines Haushaltes sich in den letzten 40 Jahren von durchschnittlich 2,5 Personen pro Haushalt auf 2 Personen im Jahr 2018 verringerte. Fleischwirtschaft.de, ein Branchenmedium der Fleisch- und Fleischwarenindustrie, schreibt, dass die Statistik zudem unberücksichtigt lasse, dass sich die Konsumgewohnheiten in den letzten 40 Jahren maßgeblich verändert hätten und der wachsende Außer-Haus-Verzehr sowie der steigende Convenience-Grad in den Zahlen nicht abgebildet werde. „Der klassische Sonntagsbraten ist nun mal out. Wenn im Alltag gekocht oder gebraten wird, greift man gern auf Küchenfertiges zurück, was eben nicht in die betrachtete Kategorie hineinfällt“, heißt es dort. „Das alles dürfte die auf den ersten Blick erschreckende Bilanz der Statistiker zum Fleischkonsum wohl relativieren.“ Während die Fleischwirtschaft den Rückgang beim Fleischkonsum bedauert, begrüßen andere den Umstieg auf fleischlose Ersatzprodukte. „Die Fleischproduktion ist umstritten, weil sie Leid von Tieren verursacht. Die Erzeugung tierischer Kalorien trägt auch stärker zum Klimawandel bei als die pflanzlicher Lebensmittel. Zudem schädigt beispielsweise zu viel Gülle aus Schweineställen die Artenvielfalt und das Wasser“, fasst die taz die Ergebnisse zahlreiche Studien der letzten Jahre zusammen. (ab)

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