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15.08.2019 | permalink
Studie: Kleine Ackerflächen und Vielfalt fördern die Biodiversität
Kleine Felder und eine Vielzahl von Nutzpflanzen erhöhen die Artenvielfalt in Agrarlandschaften. Das zeigt eine großangelegte Studie im Rahmen des EU-Projekts FarmLand, deren Ergebnisse im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurden. „Die Intensivierung der Landwirtschaft und die Zerstörung naturnaher Lebensräume (Buschland, Hecken, kräuterreiche Streifen) ist eine der Hauptursachen für den beobachteten Verlust der biologischen Vielfalt“, erläutern die Autoren in der Zusammenfassung der Studie. Das Schaffen von mehr Heterogenität in der Agrarlandschaft durch mehr naturnahe Lebensräume könne dazu beitragen, den Biodiversitätsverlust zu verringern. Jedoch sei gerade in vielen intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaften der Anteil an naturnahen Lebensräumen meist gering und nur schwer zu steigern. Doch es gibt eine wirkungsvolle Maßnahme: Die Unterteilung der Agrarlandschaft in ein Mosaik aus kleineren Ackerflächen führt zu einer stark erhöhten Artenvielfalt und ist ebenso wirkungsvoll wie die Erhöhung des Anteils naturnaher Lebensräume.
Das internationale Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Kanada untersuchte acht unterschiedliche Agrarregionen in Europa und Kanada. In 435 verschiedenen Agrarlandschaften, die bezüglich der Ackergröße, Vielfalt der Nutzpflanzen und der naturnahen Lebensräume unterschiedlich geprägt sind, erhoben sie auf einem Quadratkilometer Daten an jeweils drei Probenahmestellen. Die Forscher identifizierten rund 2.795 Arten aus sieben taxonomischen Gruppen: Vögel, Schmetterlinge, Bienen, Schwebfliegen, Spinnen, Laufkäfer und Pflanzen. Sie gelangten zu dem Ergebnis, dass eine heterogene Agrarlandschaft mit einem Mosaik aus kleinen und mit unterschiedlichen Kulturarten bewirtschafteten Ackerflächen deutlich mehr Artenvielfalt aufwies als durch großflächige Monokulturen geprägte Landschaften. Schon eine Verkleinerung der durchschnittlichen Feldgröße von rund fünf Hektar auf 2,8 Hektar hatte den gleichen Effekt auf die Biodiversität wie eine Erhöhung des Anteils naturnaher Lebensräume von 0,5% auf 11%. Selbst wenn naturnahe Vegetation wie Hecken und Randstreifen zwischen den Felder fehlten, wirkte sich eine reduzierte Feldgröße positiv auf die Artenvielfalt aus.
Die Studie ergab zudem, dass der Anbau von mehr unterschiedlichen Kulturarten ebenfalls zu einem größeren Artenreichtum auf den Feldern führte. „Die Kulturartenvielfalt wirkte sich auch positiv auf die Biodiversität aus, da verschiedene Nutzpflanzen häufig unterschiedliche Arten beherbergen, aber auch, da verschiedene Kulturen ergänzende und notwendige Ressourcen für bestimmte Arten in der Agrarlandschaft bieten“, sagte Teammitglied Jordi Recasens von der Universitat de Lleida. Der Effekt von einer erhöhten Kulturartenvielfalt zeigte sich jedoch nur, wenn die Agrarlandschaften auch einen höheren Anteil naturnaher Lebensräume aufwiesen. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Art der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Betriebe einen wesentlichen, bisher unterschätzten Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt in unseren Agrarlandschaften leisten kann“, sagt Prof. Dr. Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie der Uni Göttingen. „Kleine Felder und wechselnde Bepflanzung können erheblich zur Bekämpfung der dramatischen Biodiversitätskrise bei Insekten und Vögeln beitragen. Leider steht dagegen die aktuelle Intensivierung in der Landwirtschaft mit immer größeren Äckern und großflächigeren Monokulturen“, so Tscharntke. Der Studie zufolge können Agrarumweltmaßnahmen, die eine Verringerung der durchschnittlichen Größe der Anbauflächen fördern und zu mehr Vielfalt auf dem Acker führen, die biologische Vielfalt erhöhen, ohne dass Flächen für die landwirtschaftliche Produktion verloren gehen. Die Forscher hoffen, dass ihre Ergebnisse in der aktuellen Debatte über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU gehört werden. (ab)