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13.05.2019 | permalink
Bündnis protestiert gegen Patent auf Lachse
Ob Braugerste, Melone oder Tomate – das Europäische Patentamt (EPA) in München erteilt immer wieder Patente auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlicher Züchtung, obwohl dies gegen die europäischen Patentgesetze verstößt. Nun hat es ein umstrittenes Patent auf Lachse erteilt, die mit bestimmten Pflanzen gefüttert wurden und dadurch mehr Omega-3-Fettsäuren aufweisen. Diese gelten als gesundheitlich wertvoll. Das Patent EP1965658 erstreckt sich auf das Futtermittel, die Haltung der Fische und ihre Fütterung, die Fische selbst sowie das Fischöl. Die Futtermittel können laut Patentschrift entweder aus konventioneller Züchtung stammen oder gentechnisch verändert sein. Beantragt wurde das Patent von der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation, einer australischen Forschungseinrichtung. Die Erteilung des Patents wurde 2016 infolge von öffentlichen Protesten vorerst gestoppt, im Oktober 2018 dann jedoch erteilt.
Nach Ansicht des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut!“ verstößt das Patent gegen das Verbot der Patentierung von Pflanzen und Tieren aus konventioneller Züchtung. Zudem handle es sich weder um eine Erfindung noch um ein neues Patent, denn es sei bekannt, dass die Zusammensetzung von Futtermitteln Auswirkungen auf die Lebensmittel habe, die ein Tier liefere. So gibt es etwa Erkenntnisse dazu, dass die Milch von Kühen, die auf der Weide grasen, einen höheren Gehalt an Omega-3-Fettsäuren aufweist. „Wenn Tiere zur Erfindung werden, weil sie bestimmte Futtermittel fressen, werden bald auch Kühe und Schweine patentiert, die auf der Weide gehalten werden“, sagt Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL), eine der Mitgliedsorganisationen des Bündnisses. „Derartige Patente können die Landwirtschaft sehr direkt betreffen. Bauern und Bäuerinnen dürften dann ohne Erlaubnis des Patentinhabers keine Kuh melken, kein Schwein schlachten und kein Hühnerei verkaufen.“ Keine Patente auf Saatgut! bereitet daher einen Einspruch vor, der am 26. Juni am EPA in München übergeben werden soll.
Derzeit herrscht am EPA mit seinen 38 Vertragsstaaten rechtliches Chaos. Der Verwaltungsrat hatte 2017 nach öffentlichen Protesten und Druck der EU beschlossen, dass Patente auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlichen Züchtungsverfahren, bei denen keine Gentechnik zum Einsatz kommt, verboten sind. Allerdings war dieser Beschluss rechtlich lückenhaft. Im Dezember 2018 erklärte die Große Beschwerdekammer des EPA den Beschluss für unwirksam. Wie es weitergeht, liegt in der Schwebe. Keine Patente auf Saatgut! appelliert daher an die Politik, sich ihrer Verantwortung zu stellen und falls nötig auch die Gesetze zu ändern. Nur so könne verhindert werden, dass weiterhin Patente auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere erteilt werden. „Wenn die Politik dem Patentamt keine klaren Grenzen setzt, werden ständig neue Fakten geschaffen, damit Patentanwälte, Firmen und das EPA mit diesen Patenten immer mehr Profite machen können“, kommentierte Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!. „Demnächst wird dann vielleicht auch das Essen und Trinken als Erfindung patentiert.“ Das Bündnis fürchtet, dass sich Konzerne solche Patente zunutze machen, um noch mehr Kontrolle über die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu erlangen.
Das Lachspatent ist nicht das erste Patent auf ein Tier, mit dem das EPA von sich reden macht. 2008 wurde bereits ein Patent auf die Zucht von Schweinen erteilt, das die Nutzung von Erbanlagen umfasst, die bei allen europäischen Schweinerassen vorkommen. Ursprünglich hatte Monsanto das Patent angemeldet. Es beschrieb eine Art Gen-Diagnose an Schweinen, mit der z.B. Tiere identifiziert werden sollten, die mageres Fleisch produzieren, und erstreckte sich auf die so gezüchteten Tiere und ihre Nachkommen. Bauern und Umweltschützer legten Einspruch ein, woraufhin das Patent 2010 widerrufen wurde. 2007 wurde auch ein Patent auf Milchkühe erteilt, die eine bestimmte natürliche Gen-Variante erhalten, die eine besondere Milchqualität bewirkt. Auch dieses Patent wurde 2015 widerrufen. Es wird sich zeigen, ob dies auch mit dem Einspruch gegen das Lachspatent gelingt. (ab)