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19.09.2018 |

Bio und konventionell: Studie beziffert die wahren Lebensmittelpreise

Kow
Milch ist nicht gleich Milch - die externen Kosten unterscheiden sich (Foto: CC0)

Die Lebensmittelpreise in Deutschland spiegeln nicht die wahren Kosten für Mensch und Umwelt wider. Würden die Folgekosten einberechnet, die etwa die konventionelle Fleischproduktion verursacht, würden sich die Erzeugerpreise für Fleisch verdreifachen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Augsburg, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Sie beziffert für mehrere Produktkategorien die externen Kosten, die durch drei Umweltbelastungen – Stickstoff, Treibhausgas-Emissionen und Energieverbrauch – bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen. Bioprodukte schnitten durch die Bank besser ab als ihre konventionell hergestellten Counterparts, auch wenn sie noch nicht alle „versteckten“ Kosten beinhalteten. Würden sich die Umweltfolgekosten im Ladenpreis niederschlagen, wäre der Preisunterschied zwischen Bioprodukten und konventionell erzeugten Lebensmitteln deutlich geringer, so die Wissenschaftler.

„Für viele negative Klima-, Umwelt- und Gesundheitsfolgen, die sich aus der Produktion von Lebensmitteln ergeben, kommen aktuell weder die Landwirtschaft noch die Konsumenten auf. Die hiermit verbundene Preis- und Marktverzerrung stellt – ökonomisch gesprochen – eine Form von Marktversagen dar, der es mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu begegnen gilt“, erklärte Autor Dr. Tobias Gaugler. Er und sein Team nutzen Datensätze zum Ressourcenverbrauch und anfallenden Schadstoffen während des Produktionsprozesses für elf Produktkategorien. Diese wurden den drei Oberkategorien pflanzliche, tierische und Milchprodukte zugeordnet und dann die Kosten jeweils für die ökologische und konventionelle Erzeugung beziffert. Einbezogen wurden nur die drei Faktoren Stickstoff, Klimagase und Energie, da die existierende Datenbasis zu den Kosten von Antibiotika-Resistenzen, z.B. Gesundheitskosten, oder den ökologischen Auswirkungen durch den Einsatz von Pestiziden aktuell unzureichend ist. Da die Studie die externen Effekte pro Gewichtseinheit eines Lebensmittels angibt, wurde auch der Ertragsunterschied zwischen biologischer und konventioneller Produktion berücksichtigt.

Die höchste Preisdifferenz, die zwischen den aktuellen Erzeugerpreisen und den wahren Kosten liegt, ergab sich bei konventionell hergestellten tierischen Produkten. Diese müssten auf Erzeugerebene dreimal so teuer sein als derzeit (196% Aufschlag). Es folgen konventionell hergestellte Milchprodukte, für die ein Aufschlag auf die Erzeugerpreise von 96% nötig wäre, gefolgt von 82% auf biologisch-tierische Produkte und 35% auf Biomilch. „Die Höhe der externen Kosten und Preisaufschläge insbesondere tierischer Produkte ist u.a. durch die energieintensive Aufzucht der Nutztiere zu erklären, verbunden mit dem Futtermittelanbau, der Beheizung und Belüftung der Ställe sowie dem Metabolismus der Tiere. Diese Faktoren führen unter anderem zu einer bedeutend höheren Austragung von reaktivem Stickstoff und Treibhausgasen sowie einem höheren Energiebedarf als bei pflanzlichen Produkten“, heißt es in der Studie. Konventionell-pflanzliche Produkte müssten 28% teurer sein; bei biologisch-pflanzlichen Produkten fehlen nur noch 6%, um die wahren Kosten abzubilden. „Insbesondere umweltschonende Praktiken biologischer Produktion wie der Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger beim Pflanzenanbau sowie ein geringerer Einsatz von industriell produziertem Kraftfutter bei der Nutztierhaltung führen in allen untersuchten Lebensmittelkategorien zu geringeren externen Kosten und Preisaufschlägen im Vergleich mit konventionellen Produktionspraktiken“, schreiben die Autoren.

„Es kann nicht angehen, dass die Kosten für ökologische Schäden bei der Lebensmittelproduktion nicht eingepreist sind und stattdessen von der Allgemeinheit bezahlt werden müssen“, kritisiert Stephanie Weigel von der Tollwood GmbH, die die Studie mit der Schweisfurth Stiftung in Auftrag gegeben hat. „So werden die Verbraucher an der Nase herumgeführt. Wenn die Lebensmittel im Supermarkt mit dem wahren Preis ausgezeichnet wären, würden viel mehr Menschen zu Bio-Produkten greifen, die dann kaum mehr teurer wären als konventionell erzeugte.“ Am deutlichsten schrumpft der Preisunterschied zwischen biologisch und konventionellen Produkten tierischen Ursprungs, besagt die Studie: „Während sich die Erzeugerpreise um 1,62€ pro kg tierischen Produkts unterscheiden bleibt nach Internalisierung der externen Kosten lediglich eine Preisdifferenz von 0,88€ pro kg tierischen Produkts.“ Ein Liter Biomilch ist vor Berücksichtigung externer Effekte um 21 Cent teurer als konventionelle Milch, doch unter Einbeziehung der versteckten Kosten liegt der Unterschied nur noch bei 13 Cent. „Ausgehend von unseren Ergebnissen und dem ‚polluter pays principle‘ der UN folgend müssten insbesondere Produkte aus konventioneller Nutztierhaltung deutlich mehr kosten, also dies aktuell in Deutschland der Fall ist“, lautet das Fazit von Dr. Gaugler. (ab)

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