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25.09.2019 |

IPCC: Gletscherschmelze trifft Bauern und indigene Völker besonders hart

Peru
Kartoffelbauer in den Anden Perus deutet auf einst eisbedeckte Gipfel (Foto: A. Beck)

Schmelzende Gletscher und steigende Meeresspiegel: Der Klimawandel wird fatale Folgen für die Menschheit und Ökosysteme haben, wenn die Politik nicht rasch handelt. Und verletzliche Gruppen, wie arme Menschen, Bauern und indigene Völker, wird es besonders hart treffen. Das verkündet der Weltklimarat IPCC in seinem am 25. September vorgestellten Sonderbericht. Rund 130 Forscher aus 36 Ländern hatten dafür 7000 wissenschaftliche Studien ausgewertet. Die Zusammenfassung des Berichts, der sich mit dem Ozean und der Kryosphäre (alle Formen von Eis inklusive Gletscher, Meereis und Permafrostböden) befasst, wurde von den 195 IPCC-Mitgliedsstaaten Zeile für Zeile verabschiedet wurde. „Die Ozeane, die Arktis, die Antarktis und die Hochgebirgsregionen scheinen für manche Menschen weit weg“, betonte der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoesung Lee. „Aber wir sind auf viele Arten abhängig von ihnen und werden von ihnen beeinflusst - direkt oder indirekt - sei es durch das Wetter und Klima oder bei Nahrung und Wasser, Energie, Handel, Verkehr, Erholung und Tourismus, Gesundheit und Wohlbefinden, Kultur und Identität.“

Der Bericht liefert neue Belege für die Vorteile einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf ein möglichst niedriges Niveau. „Wenn wir die Emissionen stark reduzieren, werden die Folgen für die Menschen und ihre Lebensgrundlagen immer noch herausfordernd sein, aber für die am stärksten gefährdeten Menschen potenziell überschaubarer“, sagte Lee. Dem Bericht zufolge sind alle Menschen auf der Erde direkt oder indirekt vom Ozean und der Kryosphäre abhängig. Insgesamt 670 Millionen Menschen leben in Hochgebirgsregionen, darunter viele indigene Völker. 680 Millionen Menschen in tiefer gelegenen Küstenzonen sind direkt von diesen Systemen abhängig. Vier Millionen Menschen leben dauerhaft in der Arktis und auf kleinen Inseln gelegene Entwicklungsländer sind die Heimat von 65 Millionen Menschen. „Die Ozeane und Kryosphäre der Welt haben jahrzehntelang die Hitze des Klimawandels gebremst und daher sind die Konsequenzen für Natur und Menschheit massiv“, erklärt Ko Barrett, Vize-Vorsitzende des IPCC. „Die schnellen Veränderungen im Meer und in den gefrorenen Teilen unseres Planeten zwingen Menschen – von den Küstenstädten bis hin zu abgelegenen Gemeinden in der Arktis – ihre Lebensweise grundlegend zu verändern.“

Der Weltklimarat warnt vor einer beschleunigten Eisschmelze: Schon jetzt schwinden Gletscher, Schneedecken, Meereis und Permafrostböden. Kleinere Gletscher in Europa, Ostasien und den tropischen Anden sowie in Indonesien könnten Prognosen zufolge, die von einem Szenario mit hohen Emissionen ausgehen, bis zum Jahr 2100 mehr als 80% ihrer aktuellen Eismasse verlieren. Auch das arktische Meereis wird immer dünner. Wenn die globale Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden könnte, wäre die Arktis jedoch nur einmal in 100 Jahren im September, dem am stärksten betroffenen Monat, eisfrei. Bei einer Erderwärmung um 2 Grad könnte dies alle drei Jahre geschehen. Der Anstieg der Meeresspiegel hat sich weiter beschleunigt. Während der globale Meeresspiegel im 20. Jahrhundert um etwa 15cm zunahm, steigt er jetzt mit 3,6 mm pro Jahr doppelt so schnell. Auch hier hängt das künftige Ausmaß davon ab, wie stark der Ausstoß von Treibhausgasen begrenzt wird. Bei einer starken Reduzierung wird der Meeresspiegel bis 2100 um 30-60 cm steigen, doch wenn die Emissionen weiter stark ansteigen, droht ein Anstieg von 60-110 cm. Auch das Tempo der Meereserwärmung hat sich seit 1993 mehr als verdoppelt. Die Erwärmung und Versauerung der Ozeane und ein veränderter Sauerstoff- und Nährstoffgehalt machen marinen Ökosystemen bereits heute zu schaffen, doch die Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenarten sowie die von diesen Ökosystemen lebenden Menschen werden sich künftig verstärken.

Zu den Folgen für die Menschen schreibt der IPCC: „Die Ernährungs- und Wassersicherheit wurde durch Veränderungen bei der Schneedecke, dem Eis in Seen und Flüssen und dem Permafrost in vielen arktischen Regionen negativ beeinflusst.“ Für Menschen, deren Lebensgrundlage vom Jagen, Sammeln, Fischen und Hirtendasein abhängen, wurde der Zugang zu Nahrung erschwert und die kulturelle Identität der Arktisbewohner beeinträchtigt. Der Gletscherrückgang und Veränderungen bei Schneedecken haben zudem zu einer Verringerung der landwirtschaftlichen Erträge in einigen Hochgebirgsregionen, darunter der Hindukusch-Himalaya-Region und in den tropischen Anden, geführt. Das Schmelzen der Gletscher führt dazu, dass Bauern ihre Wasserquellen verlieren und die Bodenfeuchte abnimmt – auch in tiefergelegenen Gebieten, die von Schmelzwasser abhängig sind.

In den ländlichen Gemeinden in Hochgebirgen, die ohnehin schon stark von Armut betroffen sind, sind die Folgen fatal. Der Bericht führt etwa die Andenregion Perus als Beispiel an, wo die Gletscherschmelze in der Gebirgskette Cordillera Blanca Landwirte und die Bevölkerung vor Ort vor große Herausforderungen stellt. Seit 1970 sind die Gletscher in Peru aufgrund des Klimawandels um 40% geschrumpft. Der Klimawandel trifft in der Cordillera Blanca vor allem Menschen, denen es an Geld und Ressourcen, politischem Einfluss und Zugang zu Bildung und Gesundheit mangelt und deren Möglichkeiten, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen, begrenzt sind. Anpassung erfordert die Ausbildung von Fähigkeiten bei Einzelpersonen und Gemeinschaften und erhebliche finanzielle Mittel, betont der Weltklimarat. In Richtung Politik senden die Wissenschaftler eine klare Botschaft: Schnelles Handeln muss absolute Priorität haben. „Die Ermöglichung von Klimaresilienz und nachhaltiger Entwicklung hängt entscheidend von dringender und ehrgeiziger Emissionsreduktion in Verbindung mit koordinierten anhaltenden und zunehmend ehrgeizigen Anpassungsmaßnahmen ab“, lautet eine der Hauptbotschaften des Berichts. (ab)

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