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21.09.2017 | permalink
UN-Bericht: Bodendegradation stoppen durch Abkehr von intensiver Landwirtschaft
Eine Abkehr von der intensiven Landwirtschaft ist nötig, um die weltweite Bodendegradation zu stoppen und die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Das fordert ein neuer UN-Bericht, der am 12. September auf einem Treffen des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) präsentiert wurde. „The Global Land Outlook” warnt, dass sich die Nutzung der natürlichen Reserven der Erde in den letzten 30 Jahren verdoppelt hat und ein Drittel der Böden des Planeten nun stark degradiert sind. Jährlich gehen 24 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden weltweit verloren. Hierfür seien vor allem Landwirtschaft und Viehzucht verantwortlich, die ein Drittel der globalen Landfläche beanspruchen. Die „moderne Landwirtschaft“ mit ihren Monokulturen, Gentechnik-Pflanzen und dem intensiven Einsatz von Mineraldünger und Pestiziden sei nicht vereinbar mit langfristiger Nachhaltigkeit. „Die landwirtschaftliche Intensivierung, angetrieben durch ein lukratives, aber größtenteils ineffizientes Ernährungssystem, hat die Produktion stark erhöht, aber auch Kulturlandschaften zerstört und Bodendegradation, Wasserknappheit und Umweltverschmutzung angeheizt“, schreiben die Autoren.
Dem Bericht zufolge hat der Druck auf die globalen Landressourcen stark zugenommen. Grund sei die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln, veränderte Essgewohnheiten, die Biospritproduktion, Verstädterung und anderen Formen der Landnutzungskonkurrenz. Daher sei ein Großteil der bewirtschafteten und natürlichen Ökosysteme von Degradation betroffen. Dies betreffe 20% des Ackerlandes, 16% der Wälder, 19% des Gründlandes und 27% der Weideflächen. Aktuell leben 1,3 Milliarden Menschen in Gebieten mit degradierten Agrarflächen. „Da die verfügbaren Bestände an gesundem und produktivem Land versiegen und die Bevölkerung wächst, verstärkt sich auch die Konkurrenz um Land auf nationaler und globaler Ebene. Dabei gibt es Gewinner und Verlierer“, sagte UNCCD- Exekutivsekretärin Monique Barbut. Als Hauptverlierer sieht der Bericht Kleinbauern, Frauen und indigene Gemeinschaften: „Kleinbauern, seit Jahrtausenden das Rückgrat des ländlichen Raums und der Lebensmittelproduktion, stehen unter starkem Druck durch die Bodendegradation, unsichere Landrechte und das globalisierte Ernährungssystem, das das konzentrierte, großflächig wirtschaftende und stark mechanisierte Agribusiness bevorzugt. Diese Bauern haben oft nur geringe Chancen auf alternative Einkommensquellen.“ Millionen Menschen wanderten daher in die Städte ab.
Der Bericht fordert daher eine Abkehr von „der ressourcen-intensiven Produktion, emissionsreichen Verarbeitungs- und Transportsystemen, landintensiven Ernährungsweisen (vor allem bedingt durch die steigende Nachfrage nach tierischen und verarbeiteten Produkten) und von der enormen Lebensmittelverschwendung, inklusive Nachernteverluste.“ Auf Produktionsseite müsse statt intensiven landwirtschaftlichen Praktiken das Management von Landressourcen gefördert werden, das Vorteile für die Gesellschaft, die Umwelt oder die Wirtschaft bringe. Die landwirtschaftliche Produktion dürfe nicht mehr allein am Ertrag pro Hektar gemessen werden, sondern müsse den Nährwert und weitere Werte einbeziehen, wie die Kosten für Umwelt und Gesellschaft und die Vorteile für eine gesunde Landschaft. Würden ökologische und soziale Dienstleistungen der Landwirtschaft einbezogen, könnte dies für die halbe Milliarde Kleinbauern extra Anreize und eine Rettungsleine bieten. Der Bericht betont, dass Lebensmittel bereits heute ohne exzessive Umweltkosten angebaut werden können, sowohl durch Anpassungen in konventionellen Systemen als auch alternative Produktionsformen, wie den Ökolandbau, bei dem sich die Erträge jenen in intensiveren Systemen immer weiter annähern. „Der Ökolandbau geht viele der Ursachen von Bodendegradation und ihre Auswirkungen an, indem der auf chemische Düngemittel und Pestizide verzichtet, zum Humusaufbau beiträgt und wassersparende Methoden anwendet“, so die Autoren.
Auf Konsumentenseite sei eine Umstellung auf eine eher pflanzlich ausgerichtete Ernährung nötig. „Veränderte Ernährungsgewohnheiten, vor allem in reicheren Ländern, könnten sich enorm positiv auf die menschliche Gesundheit und die Landdegradation auswirken. So gut wie jedes Szenario zur künftigen Verfügbarkeit von Nahrung zeigt, dass eine Verringerung des Fleischkonsums, vor allem Rindfleisch, der schnellste und effektivste Weg ist, um die Ernährungssicherheit zu verbessern und Treibhausgasemissionen zu reduzieren.“ Die Autoren zeigen sich optimistisch, dass mit diesen Veränderungen und einer verbesserten Landnutzung langfristig genug Land vorhanden sein wird, um den Bedarf an Nahrung, Futtermittel und Energie zu stillen. Doch ohne ein Übergang vom aktuellen „Zeitalter der Plünderung“ zu einem Zeitalter des Respekts“, das die biophysikalischen Grenzen des Planeten achte, könnten die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) nicht erreicht werden. Dies gelte vor allem für SDG15, das Bodendegradation beenden und umkehren will. (ab)