Nachrichten

20.11.2015 |

Biopiraterie: Indigene und Kleinbauern gehen beim Stevia-Boom leer aus

Stevia
Begehrte Stevia-Pflanze (Foto: tJj hebam 3000/Flickr.com)

Die Stevia-Pflanze wird aufgrund ihrer süßenden Eigenschaft als der neue Zuckerersatz gehypt. Doch bei der zunehmenden Vermarktung handelt es sich um Biopiraterie und damit um eine Verletzung der Rechte indigener Gruppen in Brasilien und Paraguay. Das zeigt ein neuer Bericht, den das das Hilfswerk MISEREOR gemeinsam mit der Uni Hohenheim, der Erklärung von Bern und anderen Organisationen veröffentlicht hat. Tausende von Produkten mit aus der traditionellen Nutzpflanze industriell hergestellten Steviolglykosiden sind bereits auf dem Markt: PepsiCo und Coca Cola haben damit gesüßte Cola- Getränke herausgebracht, aber auch vielen Tees, Säften, Joghurts, Milchmixgetränken und kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränken verleihen Steviolglykoside die gewünschte Süße. „Die Grundlage des Stevia-Booms, mit dem Wirtschaftsunternehmen Milliarden-Summen verdienen, ist das jahrhundertealte Wissen indigener Guarani-Gruppen im Grenzland zwischen Paraguay und Brasilien über die Eigenschaften der Pflanze. Wenn Konzerne wie Coca Cola oder Cargill Stevia zu einer lukrativen Einnahmequelle machen, müssen sie das Mitspracherecht der Guarani achten“, betont Benjamin Luig, Referent für Agrar- und Ernährungspolitik bei MISEREOR und Mitautor der Studie. Denn es gibt da noch die internationale Biodiversitätskonvention und das Nagoya-Protokoll gegen Biopiraterie von 2014. Dieses verankert, dass die Träger traditionellen Wissens das Recht haben, über dessen Verwendung mitzubestimmen und an wirtschaftlichen Vorteilen beteiligt zu werden, wenn dieses Wissen kommerziell genutzt wird. Doch die Guarani gingen bisher leer aus. Weltweit gibt es bereits über 1000 Patentanmeldungen auf Steviolglykoside, doch die indigenen Gemeinschaften wurden niemals konsultiert. Ein klarer Fall von Biopiraterie, so Luig, und diese könnte noch größere Ausmaße annehmen. Denn bereits 2016 will Cargill mit seinem Produkt „Eversweet“ einen Süßstoff auf den Markt bringen, der Steviolglykoside enthält, die mithilfe von synthetischer Biologie hergestellt werden. Sollte sich diese Produktionsform durchsetzen, könnte dies das Ende des Marktes für Stevia-Blätter bedeuten, denn gegenwärtig können Länder wie Paraguay zumindest durch den Anbau von Stevia-Pflanzen als Rohstoff für die Herstellung von Steviolglykosiden noch ein kleines Stück des Kuchens ab. Die Studienherausgeber fordern, dass die Konzerne in Verhandlungen mit den Guarani treten und deren Ansprüche anerkennen. So sehe die brasilianische Gesetzgebung klar vor, dass der Anspruch der Guarani rückwirkend und selbst dann gelte, wenn die Pflanze außerhalb des Landes angebaut wird. Zudem kritisieren die Autoren, dass die Konzerne zu Vermarktungszwecken die Indigenen als superglückliche Menschen darstellen, die 'im Einklang mit der Natur' leben“. Doch sie leben meist perspektivlos in Armut und Hunger und müssten, wie die Guarani Kaiowá in Brasilien, gegen Großinvestoren um ihr Land kämpfen – oft mit tödlichem Ausgang für die Indigenen. (ab)

18.11.2015 |

Weltrisikobericht: Ernährungssicherheit schützt vor Folgen von Naturkatastrophen

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Auf Dürren folgt oft Hunger (Alosh Bennett/Flickr.com)

Naturkatastrophen wie Dürren, Erdbeben oder Wirbelstürme wirken sich weniger verheerend auf die Bevölkerung aus, wenn in einem Land die Ernährungssicherheit gewährleistet ist. Das betont der aktuelle Weltrisikobericht, der vom „Bündnis Entwicklung Hilft“ und dem Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. „Wer Hunger hat, ist verletzlicher bei Katastrophen, Kriegen und Konflikten“, warnt Peter Mucke, Geschäftsführer des Bündnisses. Der Bericht benennt einen sehr hohen Handlungsbedarf für eine bessere Ernährungssicherheit unter anderem in den stark durch extreme Naturereignisse gefährdeten Ländern Bangladesch, Burundi, Guinea-Bissau, Haiti, Kambodscha, Kamerun, Simbabwe und Tschad. Andere Länder wie Japan und Kuba seien zwar ebenfalls stark durch Wetterextreme gefährdet, aber die Risiken seien durch eine sehr gute Ausgangslage bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und sauberem Trinkwasser geringer. Denn zwischen Ernährungssicherheit und Katastrophenrisiko besteht eine klare Wechselwirkung, erklärt Dr. Matthias Garschagen, der wissenschaftliche Leiter des Berichts: Eine schlechte Ernährungslage erhöht die Anfälligkeit für Katastrophen, aber Dürren, Hochwasser- oder Wirbelstürme beeinträchtigen wiederum die Lebensmittelproduktion und damit die Ernährungssicherheit der Menschen. Weltweit hängt das Leben von 2,5 Milliarden Menschen unmittelbar von der Landwirtschaft ab. Wenn ihre Ernten, Viehbestände oder Transportwege von einem extremen Naturereignis zerstört werden, sind sie existenziell bedroht. Im schlimmsten Fall führe dies zu einer fatalen Abwärtsspirale, in der die betroffenen Menschen von einer Krise in die nächste geraten. Besonders bedroht sei Afrikas südlich der Sahara, wo Konflikte, Hunger und die Folgen des Klimawandels die Ernährungssicherung vor große Herausforderungen stellen wird. Daher warnt Dr. Bröckelmann-Simon vom Bündnis-Mitglied Misereor, dass selbst weitreichende Strategien zum Katastrophenschutz nicht ausreichen werden, wenn sich die Staatengemeinschaft nicht zu einer mutigen Klimapolitik durchringe, die die Situation der am stärksten betroffenen Gruppen und Länder beachte. „Das Ziel von Politik und Praxis muss es daher sein, die Ernährungssicherung krisenfester zu gestalten“, fordert er. Denn Studien der Welternährungsorganisation FAO hätten gezeigt, dass Investitionen in die Landwirtschaft für die Reduzierung von Armut und Hunger fünfmal effizienter seien als Maßnahmen in jedem anderen Sektor. (ab)

16.11.2015 |

Wachsendes Problem: 38% der US-Amerikaner sind fettleibig

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USA: Fettleibigkeit bei Frauen - ein wachsendes Problem (Foto: Tony Alter/Flickr.com)

In den USA werden die Menschen trotz öffentlicher Kampagnen immer dicker: Der Anteil fettleibiger Menschen an der Bevölkerung stieg 2013-2014 auf 38,3% und lag damit deutlich höher als noch vor einem Jahrzehnt, als 32% der US-Amerikaner als fettleibig galten. Das geht aus dem Nationalen Gesundheits- und Ernährungsbericht hervor, den die U.S. Centers for Disease Control and Prevention am Donnerstag veröffentlichten. „Das sind erstaunliche Ergebnisse“, die nahelegen, dass sich die als stabil eingeschätzte Lage verschlechtert hat, so Dr. William Dietz, ein Experte für Adipositas von der George Washington University. Der Bericht zeigt auch, dass sich ein klares Gefälle bei den Geschlechtern auftut: Mit 38,3% leiden heute deutlich mehr Frauen an Fettleibigkeit als Männer mit 34,3%. „Das ist eine neue Erkenntnis“, sagte Cynthia L. Ogden, die Hauptautorin des Berichts, denn während der Anteil in den letzten zehn Jahr fast gleich war, haben nun die Frauen die Männer wieder überholt. Frappierende Unterschiede stellten die Autoren auch bei den verschiedenen ethnischen Minderheiten fest. Mit einem Anteil von 57% war Fettleibigkeit im Zeitraum 2011-2014 unter schwarzen Frauen am stärksten verbreitet, gefolgt von 46% der Hispano-Amerikanerinnen und 39% der Hispanos. Das geringste Problem mit den überflüssigen Pfunden hatte die asiatische Bevölkerung in den USA mit einem Anteil Fettleibiger von gerade einmal 12%. Der Anstieg ist für Wissenschaftler und die Regierung ein herber Rückschlag, mit zahlreichen Aufklärungskampagnen hatten sie in den letzten Jahren versucht, die Bevölkerung von den Vorteilen einer gesunden Ernährung und sportlicher Betätigung zu überzeugen und den Konsum von zuckerhaltigen Softdrinks und Fast Food einzudämmen. Zumindest nicht ganz so schlimm dürfte die Bilanz für die Kampagne „Let’s Move“ von Präsidentengattin Michelle Obama ausfallen, die besonders darauf abzielt, Kinder zu mehr Bewegung zu animieren. Denn immerhin hat sich bei Kindern und Jugendlichen die Lage nicht weiter verschlechtert: In den Jahren 2013-2014 galten 17% der US-Amerikaner im Alter zwischen zwei und 19 Jahren als fettleibig – ein ebenso hoher Anteil wie noch ein Jahrzehnt zuvor. Als fettleibig stuft die Studie Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 ein. Für den BMI wird das Gewicht durch die Körpergröße zum Quadrat geteilt. In Deutschland ist die Lage noch nicht ganz so verheerend: Gut 23% der Männer und knapp 24% der Frauen gelten als adipös. (ab)

13.11.2015 |

EFSA gibt grünes Licht für Glyphosat: „wahrscheinlich nicht krebserregend"

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Glyphosatregen (Foto: Chafer Machinery/Flickr.com)

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) erachtet es als „unwahrscheinlich, dass Glyphosat eine krebserregende Gefahr für den Menschen darstellt“. Das geht aus einem lange erwarteten Bericht zur Neubewertung des Pestizid-Wirkstoffs hervor, den die Behörde am Donnerstag vorlegte. Sie sei zu dem Schluss gelangt, „dass Glyphosat wahrscheinlich nicht genotoxisch (d.h. DNA schädigend) ist“. Doch damit nicht genug: Die EFSA schlägt zudem vor, die zulässige tägliche Aufnahmemenge für Menschen von derzeit 0,3 Milligramm pro Kilo Körpergewicht auf 0,5 mg zu erhöhen. „Es handelte sich hierbei um einen umfassenden Prozess – eine vollständige Bewertung, die eine Fülle neuer Studien und Daten berücksichtigte“, betonte José Tarazona, der Leiter des Referats Pestizide. Der EFSA-Bericht steht im krassen Widerspruch zur Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO, die im März Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft hatte. Doch das sieht die EFSA anders und folgt damit der Einschätzung des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), das den Wirkstoff als weitgehend unbedenklich einschätzte. Erst kürzlich war jedoch bekannt geworden, dass das BfR Hinweise auf deutlich erhöhte Krebsraten in mehreren Tierstudien nicht berücksichtigt hatte. Umwelt- und Verbraucherschützer sowie zahlreiche Politiker reagierten empört auf das EFSA-Urteil. „Das ist ein schwarzer Tag für den Verbraucher. Monsanto wird es freuen, dass die EFSA sogar höhere Dosen erlaubt, was die Menschen an Glyphosat täglich zu sich nehmen dürfen“, kritisierte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Diese Bewertung der EFSA lässt an ihrer wissenschaftlichen Unabhängigkeit zweifeln“, monierte Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff. Kritik kommt auch von den Grünen: „Die EU-Wirkstoffüberprüfung von Glyphosat gleicht einem Trauerspiel in mehreren Akten“, kommentierte der umwelt- und agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling. Zunächst sei der „Persilschein“, den das BfR als europäische Bewertungsgrundlage ablieferte, alles andere als „eine verantwortliche Risikobewertung“. „Dass nun auch EFSA den vertraulichen Industriedaten mehr traut als den veröffentlichten Daten der Weltgesundheitsorganisation“, mache sie „zum Komplizen in dieser Tragödie“. Die EFSA-Einschätzung ist von Bedeutung, da sie in die Entscheidung der Europäischen Kommission zur Verlängerung der Zulassung von Glyphosat in der EU einfließen wird. Es gilt als wahrscheinlich, dass die EU die Anwendung für weitere zehn Jahre genehmigen wird. Glyphosat ist der Hauptbestandteil des weltweit meistverkauften Herbizids Roundup des US-Agrarriesen Monsanto. BUND-Pestizidexpertin Heike Moldenhauer vermutet, dass sich „offenbar kein EU-Mitgliedstaat mit den Glyphosat-Herstellern und den Bauernverbänden anlegen und den Glyphosat-Einsatz unterbinden" wolle: „Würde Glyphosat verboten, wäre die industrialisierte Landwirtschaft, die ohne den massiven Einsatz von Spritzmitteln nicht auskommt, grundsätzlich infrage gestellt.“ (ab)

11.11.2015 |

Ein Hoch auf Bohne & Co.: UN läutet Internationales Jahr der Hülsenfrüchte ein

Bohne
Bohnen (Foto: Pete/Flickr.com)

Die Vereinten Nationen haben 2016 zum Internationalen Jahr der Hülsenfrüchte erklärt, um auf die Vorteile von Bohnen, Linsen und Erbsen aufmerksam zu machen. Mit einer Veranstaltung in Rom am 10. November wurde das Jahr offiziell eingeläutet, das den weltweiten Konsum von Hülsenfrüchten ankurbeln und über ihren Beitrag zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, Anpassung an den Klimawandel und Bekämpfung der Mangelernährung aufklären soll. „Hülsenfrüchte sind wichtige Feldfrüchte für die Ernährungssicherheit weiter Teile der Bevölkerung, besonders in Lateinamerika, Afrika und Asien, wo sie Bestandteil traditioneller Ernährungsweisen sind und häufig von Kleinbauern angebaut werden“, sagte José Graziano da Silva, Generaldirektor der Welternährungsorganisation (FAO). Hülsenfrüchte sind eine wichtige Quelle für pflanzliches Eiweiß: Laut FAO-Angaben sind Hülsenfrüchte doppelt so proteinreich wie Weizen und haben dreimal mehr Eiweiß als Reis. Sie sind zudem reich an Mikronährstoffen, Aminosäuren und Vitamin B. „Trotz vieler Belege für die Vorteile von Hülsenfrüchten für Gesundheit und Ernährung werden sie in vielen Entwicklungs- und Industrieländern nur in geringem Maß konsumiert. Das Internationale Jahr kann dazu beitragen, diese Wissenslücke zu schließen“, hofft UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Denn Hülsenfrüchte können auch eine Alternative zu teureren tierischen Eiweißen sein. Der FAO zufolge kostet etwa die Eiweißversorgung mit Milch fünf Mal mehr als eine auf Hülsenfrüchten basierende Proteinzufuhr. Da Bauern für Hülsenfrüchte jedoch höhere Preise erzielen könnten als für Getreide, seien sie für Landwirte ein guter Ausweg aus der Armut. Weltweit werden hunderte Sorten von Hülsenfürchten verschiedener Form und Farbe angebaut, von Acker-, Kidney- und Limabohnen über Teller- und Belugalinsen bis hin zu Kichererbsen und Lupinen. Doch die FAO betont nicht nur den Gesundheitsaspekt, sondern auch das Potenzial von Hülsenfrüchten für die Bodengesundheit und Erhöhung der Biodiversität. Aufgrund ihrer Stickstoff bindenden Eigenschaft können Leguminosen die Bodenfruchtbarkeit verbessern und die globale Abhängigkeit von Mineraldünger vermeiden, wodurch der Ausstoß von Treibhausgasen verringert wird. Durch die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit machen sie Ackerböden nicht nur produktiver, so die FAO, sondern fördern auch das Bodenleben und bieten Raum für Bakterien und Kleinstlebewesen. Als Bodendecker oder in Mischkultur angebaut verringern Leguminosen außerdem Bodenerosion. Damit knüpft das neue UN-Jahr thematisch nahtlos an das Internationale Jahr des Bodens 2015 an. (ab)

09.11.2015 |

FAO: Widriges Wetter treibt globale Lebensmittelpreise in die Höhe

Getreide
Lebensmittelpreise im Aufwind (Foto: SnoShuu/flickr.com)

Im Oktober haben die globalen Lebensmittelpreise aufgrund schlechter Wetterbedingungen wieder kräftig angezogen, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) am Donnerstag verkündete. Der Lebensmittelpreisindex stieg auf 162 Punkte, ein Plus von 3,9% gegenüber dem Vormonat. Der Index notiert Preise auf internationalen Märkten für fünf bedeutende Warengruppen: Getreide, Fleisch, Milchprodukte, Pflanzenöle und Zucker. Die Analysten führen den Anstieg vor allem auf wetterbedingte Sorgen hinsichtlich der Zucker- und Palmölproduktion zurück. Obwohl Lebensmittel ganze 16% billiger sind als 2014, setzen die Werte im Oktober dem Trend purzelnder Preise im Laufe der letzten Monate ein jähes Ende. Im Sommer hatte die FAO noch freudig verkündet, dass die weltweiten Lebensmittelpreise im Juli den niedrigsten Stand seit sechs Jahren erreichten. „Die beherrschende Frage ist das Wetter“, sagte FAO-Experte Abdolreza Abbassian gegenüber Bloomberg. „Es gibt definitiv noch mehr Potenzial für höhere Preise in den kommenden Monaten.“ Die Prognosen für die Weltgetreideproduktion wurden auf 2,53 Milliarden Tonnen leicht herunterkorrigiert und liegen damit 1,1% unter der Rekordernte von 2014. Die FAO teilte mit, dies spiegle schlechtere Aussichten für die Maisernte in Indien und der Ukraine sowie für die Weizenernte in südlichen Teilen Russlands aufgrund schlechter Wetterbedingungen wider. Zudem führten Dürren in Thailand dazu, dass die Prognosen für die Reisernte verhaltener ausfielen. Der UN-Behörde zufolge wird die Verwendung von Getreide im Jahr 2015 mit 2,528 Milliarden Tonnen nahezu der Produktion entsprechen. Nur 43% der Getreideernte oder 1,96 Milliarden Tonnen werden als Lebensmittel genutzt werden. Die Verwendung von Getreide als Futtermittel wird im Vergleich zum Vorjahr um 1,6% zunehmen, vor allem wegen einer höheren Nachfrage in China, Saudi-Arabien und der Türkei. Zum allgemeinen Preisanstieg im Oktober trugen maßgeblich höhere Zuckerpreise bei: Der FAO-Zuckerpreisindex stieg gegenüber September um 17,2%, da die Angst umgeht, ausgiebige Regenfälle in Brasilien sowie Dürren in Indien und Thailand könnten Ernten zerstören. Ein weiterer Grund ist der Anstieg der Pflanzenölpreise um 6,2%: Experten befürchten, das Wetterphänomen El Niño könne in Indonesien die Versorgung mit Palmöl bedrohen. Zudem kommt in Brasilien die Sojaaussaat aufgrund des schlechten Wetters nur schleppend in Gang. Auch die Milchpreise zogen um 9,4% an, da ein Rückgang der Produktion in Neuseeland vorausgesagt wird. (ab)

05.11.2015 |

Ernährungssicherheit: UN-Expertin warnt vor Folgen des Klimawandels

Klima
Dürren werden häufiger (Foto: Asian Development Bank)

Der Klimawandel stellt eine enorme Bedrohung für die globale Ernährungssicherheit dar, warnt eine UN-Expertin und fordert den Übergang von der industriellen Landwirtschaft hin zur Agrarökologie, um die Anpassung an den Klimawandel zu meistern. In einer Pressemitteilung mahnte die UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf Nahrung, Hilal Elver, dass die Häufigkeit und Intensität von extremen Wetterverhältnissen, steigende Temperaturen und Meeresspiegel sowie Überschwemmungen und Dürren den sicheren Zugang zu Nahrung vieler Menschen bedrohen werden: „All diese Klimafolgen werden sich negativ auf Feldfrüchte, die Tierhaltung, Fischerei und Aquakultur und die Existenzgrundlagen der Menschen auswirken.“ Die UN-Expertin sagt voraus, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft bis 2080 dazu führen könnten, dass weitere 600 Millionen Menschen von Mangelernährung betroffen sein werden. „Die Menschen, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen haben, sind diejenigen, die am meisten unter seinen schädlichen Folgen leiden müssen“, so Elver. „Rasches Handeln ist erforderlich, um die Herausforderungen zu bewältigen, die der Klimawandel mit sich bringt.“ Doch auf die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln mit einem großflächigen, produktionsorientierten Agrarmodell zu reagieren, sei der falsche Weg. Die Sonderberichterstatterin betont die „Notwendigkeit eines umfassenden Übergangs von der industriellen Landwirtschaft hin zu umgestaltenden Systemen wie der Agrarökologie, die regionale Lebensmittelbewegung unterstützen, Kleinbauern schützen, Menschenrechte, Ernährungsdemokratie und kulturelle Traditionen respektieren und gleichzeitig die ökologische Nachhaltigkeit aufrechterhalten und eine gesunde Ernährung ermöglichen.“ Mit der Erklärung richtet sich Elver auch an die UN-Klimakonferenz COP21, die vom 30. November bis 11. Dezember in Paris abgehalten wird. Dort soll ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll mit verbindlichen Klimazielen für alle Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention UNFCCC vereinbart werden, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Die UN-Expertin fordert, dass dieses Abkommen ein klares Bekenntnis zur Sicherstellung von Klimagerechtigkeit und Ernährungssicherheit für alle Menschen beinhalten müsse. Die weit reichenden Folgen des Klimawandels auf die Ernährungssicherheit legte die Sonderberichterstatterin erst kürzlich in einem Bericht an die UN-Generalversammlung dar. (ab)

03.11.2015 |

BfR: Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und Resistenzen nehmen ab

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Weniger Antibiotika? (Foto: Stefan Schwarz/pixelio.de)

In der Nutztierhaltung in Deutschland soll der Einsatz von Antibiotika deutlich zurückgegangen sein. Das berichtet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) anlässlich des am 2. und 3. November in Berlin stattfindenden internationalen Symposiums „Antibiotikaresistenz in der Lebensmittelkette“, auf dem Experten Maßnahmen zur Reduzierung von Antibiotikaresistenzen in der Veterinär- und Humanmedizin diskutieren. Demnach soll im Jahr 2014 die Menge an antimikrobiellen Tierarzneimitteln, die an Tierärzte abgegeben wurden, auf 1238 Tonnen gesunken sein – von 1.452 Tonnen Antibiotika im Vorjahr. 2011 kamen noch 1.706 Tonnen Antibiotika in der Tierhaltung zum Einsatz – fast doppelt so viel wie in der Humanmedizin. Laut BfR ging die Verabreichung von Antibiotika an Mastschweine deutlich zurück. Die Zahl der Behandlungen soll von etwa fünf Tagen pro Stallplatz und Halbjahr in 2011 auf einen Tag pro Platz und Halbjahr in 2014 gesunken sein. Zudem verkündete das BfR, Studien hätten gezeigt, dass auch antibiotikaresistente Keime in der Lebensmittelkette nicht weiter zunehmen. „Der negative Trend der letzten Jahre hält somit nicht weiter an“, so BfR-Präsident Professor Andreas Hensel. Allerdings blieb der Einsatz der für die Therapie beim Menschen besonders wichtigen Reserveantibiotika, wie Fluorchinolone und Cephalosporine, weiter hoch: Die Abgabe von Fluorchinolonen stieg von 8,2 Tonnen im Jahr 2011 um 50% auf 12,3 Tonnen in 2014. Auch die Resistenzraten gegen Fluorchinolone hielt auf dem seit Jahren beobachteten hohen Niveau an: In der Hähnchenfleischkette sank die Rate zwar von 48,8 % (2013) auf 46,3 % (2014), beim Putenfleisch stieg sie dagegen von 37,4 % (2012) auf 40,6 % (2014) an. Trotz des uneinheitlichen Trends in puncto Antibiotikaresistenzen ist Hensel positiv gestimmt: „Jetzt ist es wichtig, die Ursachen für diesen ersten erfreulichen Befund zu finden und weitere Maßnahmen zu ergreifen.“ Eine mögliche Ursache für die verminderte Anzahl antibiotikaresistenter Keime in Lebensmitteln sieht das BfR im Rückgang des Antibiotikaeinsatzes in deutschen Ställen. Zudem sei das Arzneimittelgesetz verschärft worden und Tierhalter ab einer bestimmten Bestandsgröße müssen nun Angaben zum Einsatz von Antibiotika machen. Betriebe, die klar über dem Schnitt liegen, müssen Maßnahmen zur Senkung ergreifen. An der Verlässlichkeit der Datenbank war jedoch im Frühjahr herbe Kritik aufgekommen, da tausende Landwirte keine Angaben gemacht hatten, was automatisch so gewertet worden sein soll, als hätten sie keine Antibiotika eingesetzt. In Nordrhein-Westfalen sollen rund 2.300 Tierhalter - etwa ein Fünftel aller meldepflichtigen Betriebe - nichts eingetragen haben. Dabei handelt es sich um das Bundesland, in dem immer noch fast die Hälfte der Gesamtwirkstoffmenge ausgegeben wird. Allein in der Postleitzahl-Region 49 waren es im vergangenen Jahr 506 Tonnen. (ab)

02.11.2015 |

Wurststreit: WHO-Krebsbehörde rät zur Reduzierung des Fleischkonsums

Wurst
Foto: Dieter Schütz/pixelio.de

Der Verzehr von verarbeitetem Fleisch wie Wurst oder Schinken kann das Risiko für Darmkrebs erhöhen, warnte die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO am 26. Oktober und riet zur Senkung des Fleischkonsums. Die Meldung schlug hohe Wellen, die Fleisch- und Wurstindustrie reagierte empört und warf der WHO Panikmache und die Verunsicherung der Verbraucher vor. Eine Arbeitsgruppe von 22 Experten aus zehn Ländern hatte mehr als 800 Studien zum Zusammenhang von Fleischkonsum und dem Risiko für verschiedene Krebsarten ausgewertet. Die IARC stufte verarbeitetes Fleisch, das z.B. durch Salzen, Fermentieren, Räuchern oder Pökeln haltbar gemacht wurde, als „krebserregend für den Menschen“ ein (Gruppe 1), da „ausreichende Beweisen“ vorlägen, dass regelmäßiger Verzehr Darmkrebs verursachen kann. Den Experten zufolge erhöht der tägliche Konsum von 50 Gramm verarbeitetem Fleisch die Gefahr, an Darmkrebs zu erkranken, um 18%. „Für Menschen bleibt das Risiko, Darmkrebs aufgrund des Konsums von verarbeitetem Fleisch zu entwickeln, gering, aber das Risiko steigt mit der verzehrten Fleischmenge“, erläuterte Dr. Kurt Straif von der Krebsbehörde. „Angesichts der hohen Zahl an Menschen, die verarbeitetes Fleisch essen, ist die globale Auswirkung auf Krebsneuerkrankungen von Bedeutung für das Gesundheitswesen.“ Den Verzehr von rotem Fleisch – also Muskelfleisch von Rind, Schwein, Lamm, Pferd oder Ziege – stuften die Experten als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ ein (Gruppe 2A), da es hierfür nur „begrenzte Beweise“ gebe. Die Gruppen sagen nichts über die Höhe des Krebsrisikos aus, sondern geben lediglich Aufschluss darüber, wie gut wissenschaftlich belegt ist, dass ein Stoff Krebs auslösen kann. So finden sich in Gruppe 1 neben verarbeitetem Fleisch auch Tabakrauch und Asbest. Während jedes Jahr eine Million Menschen an durch Rauchen verursachtem Lungenkrebs sterben, sind nur 34.000 Todesfälle auf Krebs durch den Verzehr von verarbeitetem Fleisch zurückzuführen. Auch wenn die IARC bereits in ihrer Pressemitteilung betonte, dass die konsumierte Fleischmenge entscheidend sei, reagierten Fleischhersteller und -liebhaber so aufgebracht, dass die WHO am Donnerstag erneut mitteilte: „Die jüngste IARC-Bewertung fordert die Menschen nicht auf, kein verarbeitetes Fleisch mehr zu essen, sondern weist darauf hin, dass ein geringerer Verzehr dieser Produkte das Krebsrisiko vermindern kann.“ Der Streit um die Wurst veranlasste auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, seinen Senf dazuzugeben: „Niemand muss Angst haben, wenn er mal eine Bratwurst isst! Die Menschen werden zu Unrecht verunsichert, wenn man Fleisch mit Asbest oder Tabak auf eine Stufe stellt.“ Der Ruf nach einer Reduzierung des Fleischkonsums aus gesundheitlichen Gründen ist nicht neu: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät schon lange, pro Woche nicht mehr als 300 - 600 Gramm Fleisch und Fleischerzeugnisse zu verzehren, also maximal 30 Kilogramm im Jahr. Doch den meisten Deutschen ist das wurst – sie verschlingen im Schnitt mehr als die doppelte Menge. (ab)

26.10.2015 |

Syrisches Saatgut aus Saatgutbank in der Arktis erwacht zu neuem Leben

Seeds
Schöne Saatgutvielfalt (Foto: Carol VanHook/Flickr.com)

Saatgut aus Syrien, das Ende September einen Bunker im arktischen Eis verließ, ist sicher in Marokko und im Libanon angekommen und soll dort für die Neugewinnung alter Sorten genutzt werden, die im syrischen Bürgerkrieg verloren gingen. Das Internationale Zentrum für Agrarforschung in trockenen Regionen (ICARDA), aus dessen Sammlung die im Saatgut-Tresor „Svalbard Global Seed Vault“ im ewigen Eis einlagerten Samen stammen, bestätigte am 19. Oktober die Ankunft von 128 Kisten mit insgesamt 38.073 Saatgutproben. „Wir sind erfreut, dass wir das Saatgut erhalten konnten, damit ICARDA weiter wertvolle pflanzengenetische Ressourcen zur Verfügung stellen kann (…), um die Arbeit für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt fortzuführen und den durch die Natur und den Menschen verursachten Herausforderungen im Hinblick auf die Ernährung künftiger Generationen zu begegnen“, sagte der Generaldirektor des ICARDA, Dr. Mahmoud Solh. 57 Kisten mit Ackerbohnen, Plattererbsen und wilden Verwandten von Getreide und Hülsenfrüchten wurden nach Libanon verschifft. 71 Kisten mit Kulturweizen, Gerste, Linsen und Kichererbsen gingen nach Marokko. Das Saatgut stammt aus der Genbank in Aleppo, die mehr als 148.000 Saatgutmuster einzigartiger regionaler Landsorten und wilder Verwandter von Gerste, Weizen, Erbsen und Bohnen enthält, die speziell für den Anbau in trockenen Gegenden geeignet sind und somit einen wichtigen Beitrag für die Anpassung an den Klimawandel leisten können. Obwohl die Sammlung noch intakt ist, kann die Saatgutbank aufgrund des Bürgerkriegs ihre Einrichtungen nicht voll nutzen oder Saatgut vermehren und verteilen. Daher werden die Saatgutmuster nun in den Forschungsstationen des ICARDA in Marokko und im Libanon ausgesät, um Sicherheitskopien zu gewinnen. Das neue Saatgut wird für den Wiederaufbau der Sammlung und die Neueinlagerung im Saatgut-Tresor von Spitzbergen verwendet. Außerdem wird es Landwirten, Wissenschaftlern und Züchtern in der Region zur Verfügung gestellt. „Angesichts des schrecklichen Unglücks, das die syrische Bevölkerung erleidet, ist die Abhebung des Saatguts von ICARDA aus dem Saatgut-Tresor eine gute Nachricht. Es zeigt, dass die Maßnahmen, die die Weltgemeinschaft ergreift, um die Kulturpflanzenvielfalt für künftige Generationen zu bewahren, in der Tat funktionieren“, sagte Marie Haga, Leiterin des Crop Trust, der die Arbeit des Saatgutbunkers verwaltet und finanziert. Die aktuelle Lieferung ist der erste Abruf von Saatgut seit der Eröffnung des Tresors im Jahr 2008. Der Svalbard Global Seed Vault bewahrt im Permafrost etwa 860.000 Samen von Kulturpflanzen aus aller Welt auf. (ab)

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