Fleisch und Futtermittel
Die globale Fleischproduktion hat sich in den letzten 55 Jahren mehr als vervierfacht von 84 Millionen Tonnen 1965 auf 340 Millionen in 2020. Der Weltagrarbericht ging davon aus, dass dieser Trend anhält, vor allem weil in den Schwellenländern ein Annäherung an die sogenannte western diet Nordamerikas und Europas mit ihren Burgern, Steaks und Schnitzeln erfolgen wird. Bis 2050 rechnet die FAO mit einer Steigerung der Fleischproduktion auf 455 Millionen Tonnen.„Die Steigerung des Konsums von tierischen Produkten ist neben dem Bevölkerungswachstum eine der Hauptursachen für die weltweite Zunahme des Düngereinsatzes. Prognosen gehen davon aus, dass der weltweite Verbrauch (und die Produktion) von Fleisch von 2000 bis 2030 um 70% und bis 2050 um 120% steigen wird. Dabei werden die Erzeugung und der Verbrauch von Schweine- und Geflügelfleisch viel schneller zunehmen als von Rind- und Schaffleisch. In den letzten Jahren haben sich große vertikal und industriell organisierte Viehhaltungs- strukturen stark ausgebreitet; dieser Trend wird sich fortsetzen. Diese Systeme führen zu einer Konzentration organischer Dünger. Obwohl Mist und Gülle wertvolle Nährstoffquellen sind, führt ihre konzentrierte Ausbringung zu erheblichen Emissionen und schädigt Luft, Boden und Wasser.“ (Global, S. 281)
Derzeit verbraucht jeder Mensch im globalen Schnitt etwa 45 Kilo Fleisch pro Jahr. In Deutschland sind es etwas mehr als 81 Kilo Schlachtgewicht, von denen rund 55 Kilo tatsächlich verzehrt werden. Seit einigen Jahren nimmt der Verbrauch ab und die Zahl der Veganer und Vegetarier steigt stark an. Zudem verschiebt sich der Konsum immer mehr vom Rind aufs Huhn. Doch am meisten wird in Deutschland Schweinefleisch vertilgt – ebenso wie in China. Dort stieg der Fleischverbrauch pro Kopf seit 1965 um mehr als das Sechsfache. Da sich die Bevölkerung zugleich auf 1,4 Milliarden verdoppelte, nahm die globale Nachfrage nach Fleisch und Futtermitteln enorm zu.
Direkt auf den Teller oder erst in den Trog?
Fleisch, Milch und Eier über den Umweg von Futter- mitteln aus Getreide und Ölsaaten vom Acker herzu-stellen führt zu einem gewaltigen Kalorienverlust. Die Umwandlungsrate von pflanzlichen in tierische Kalorien schwankt im Idealfall zwischen 2:1 bei Geflügel, 3:1 bei Schweinen, Zuchtfischen, Milch und Eiern und 7:1 bei Rindern. Rinder und Schafe fressen von Haus aus Gras. Mehr als zwei Drittel der weltweiten Agrarfläche ist Weideland. Wo Tiere Gras und Pflanzen fressen, die sich zur direkten menschlichen Ernährung nicht eignen, sind sie keine Nahrungsmittelkonkurrenz, sondern erhöhen das Lebensmittelangebot und leisten wichtige Beiträge zur Produktion: Sie liefern Dünger, tragen zur Bodenbearbeitung bei, arbeiten als Zug- und Transporttiere, verwerten Abfall und steigern die Ertrags- und Ernährungssicherheit der Besitzer.„Weltweit ist die Tierhaltung seit Jahrtausenden traditioneller Bestandteil der Landwirtschaft. Integrierte Systeme bieten Synergien zwischen Pflanzen und Tieren, bei denen die Tiere Gülle als Düngemittel und zur Verbesserung der Bodenstruktur (und auch als Brennstoffquelle) produzieren.“ (Global, S. 176)
Ein Großteil des heute genutzten Weidelandes eignet sich gerade in Trockengebieten zu keiner anderen landwirtschaftlichen Nutzung als extensiver Weidehaltung. Seine Produktionskapazität lässt sich aber nicht mehr wesentlich steigern. In einigen Regionen ist die Übernutzung von Weideflächen – auch durch traditionelle Tierhaltung – ein ernstes Problem. Auch Hühner, Schweine und andere Kleintiere, die traditionell gehalten werden, um Abfälle und Nebenprodukte zu verwerten, Würmer zu picken oder Eicheln zu fressen, ergänzen die Produktion und optimieren die Verwertung. >>mehr
Zahlen & Fakten
2021 wurden weltweit etwa 355,7 Millionen Tonnen Fleisch produziert. Für 2022 prognostiziert die FAO einen Anstieg der Fleischproduktion auf 360 Millionen Tonnen. Im globalen Schnitt standen 2021 pro Person 44,7 Kilogramm Fleisch im Jahr zur Verfügung.
Zwischen 2000 und 2014 nahm die weltweite Fleischproduktion um 39% zu, während die Milcherzeugung um 38% stieg. Die FAO schätzt, dass die Fleischproduktion bis 2030 um 19% gegenüber dem Zeitraum 2015-2017 ansteigen wird. Bei der globalen Milchproduktion rechnet sie mit einer Steigerung um 33% im selben Zeitraum.
2022 wurden in Deutschland 7 Millionen Tonnen Fleisch erzeugt – ein Rückgang um 13,9% im Vergleich zu fast 8,2 Millionen Tonnen im Jahr 2017. 2022 wurden 47 Millionen Schweine, 3 Millionen Rinder und 701,4 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet. Produziert wurden insgesamt 4,5 Millionen Tonnen Schweinefleisch, 1,5 Millionen Tonnen Geflügel- und 984.600 Tonnen Rindfleisch.
Der Fleischverbrauch betrug 2021 in Deutschland statistisch 81,7 Kilogramm pro Kopf (2018: 88,6 kg). Die tatsächlich konsumierte Fleischmenge (nach Abzug von Knochen, Fetten u.ä.) lag bei 55 Kilogramm Fleisch pro Kopf, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 60,1 Kilo in 2018. 4,42 Millionen Tonnen Fleisch wurden exportiert und 2,99 Millionen Tonnen importiert. 2021 wurde 21% mehr Fleisch produziert als verbraucht - bei Schweinefleisch betrug der Selbstversorgungsgrad sogar 32,4%.
Dem Institut für Demoskopie Allensbach zufolge leben in Deutschland 6,31 Millionen Vegetarier oder Leute, die weitgehend auf Fleisch verzichten – etwa 9% der Bevölkerung. Zudem sollen 960.000 Deutsche Veganer sein beziehungsweise weitgehend auf tierische Produkte verzichten.
Die Viehhaltung beansprucht einen enormen Anteil der weltweiten Landfläche. Weideland und für den Futtermittelanbau genutztes Ackerland machen fast 80% der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus. Ein Drittel des globalen Ackerlandes wird für den Anbau von Futtermitteln genutzt, während 26% der eisfreien Erdoberfläche Weideflächen sind.
Die Viehwirtschaft und ihre Lieferketten sind jährlich für den Ausstoß von 7,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich. Das sind 14,5% der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen. Hauptquellen sind durch die Verdauung von Wiederkäuern entstehende Emissionen, Gülle, die Futtermittelproduktion und Landnutzungsänderungen. Etwa zwei Drittel der Emissionen entfallen auf die Rinderhaltung (Rindfleisch, Milch), vor allem aufgrund des Ausstoßes von Methan.
Die fünf größten Milch- und Fleischkonzerne (JBS, Cargill, Tyson, Dairy Farmers of America und die Fonterra Group) stießen 2016 gemeinsam 578 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (MtCO2e) aus. Das ist mehr als alle Emissionen Großbritanniens (507 MtCO2e in 2015) oder Frankreichs (464 MtCO2e) und übertrifft Ölriesen wie Exxon (577 MtCO2e in 2015) oder Shell (508 MtCO2e). Die 20 größten Fleisch- und Milchkonzerne verursachten 2016 mit 932 MtCO2e mehr Emissionen als Deutschland.
Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik der Bundesregierung kritisiert, dass "die derzeitigen Haltungsbedingungen eines Großteils der Nutztiere vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels und neuer wissenschaftlicher Bewertungsansätze nicht zukunftsfähig sind." Die Tiere brauchen mehr Platz und auf Amputationen von Schnäbeln und Schwänzen muss verzichtet werden.
Würden Männer in Deutschland ihre Essgewohnheiten an die der Frauen anpassen (weniger Fleisch, dafür mehr Obst und Gemüse), könnte eine Fläche von ca. 15.000 km² im In- und Ausland freiwerden und ca. 15 Millionen Tonnen Treibhausgase und 60.000 Tonnen Ammoniak weniger emittiert werden.
In der Intensivtierhaltung bleibt der Einsatz von Antibiotika eher die Regel als die Ausnahme: 2013 erhielten 9 von 10 Mast- und Zuchtdurchgängen in der Putenhaltung in Nordrhein-Westfalen Antibiotika, u.a. die für Menschen wichtigen Reserveantibiotika Colistin und Enrofloxacin.
Die Produktion von Rindfleisch in den USA verbraucht 28 Mal mehr Land, die elffache Wassermenge und sechs Mal mehr Stickstoffdünger als die Herstellung von Milch, Eier, Geflügel-, Schweinefleisch im Mittel. Zudem verursacht Rindfleisch die fünffache Menge an Treibhausgasemissionen.
Weidende Rinder beeinflussen die Artenvielfalt des Grünlandes maßgeblich wie ein Langzeitexperiment der Uni Göttingen nachweisen. Weidetiere erzeugen bestimmte Muster der Vegetationsstruktur, die den Lebensraum von vielen Insektenarten wie Heuschrecken und Schmetterlingen prägen.
Zur Produktion einer tierischen Kalorie werden je nach Tierart fünf bis dreißig pflanzliche Kalorien verfüttert. Für eine Kalorie aus Rindfleisch benötigt man 10 Kalorien aus Getreide - 90 Prozent der Nahrungsenergie bleiben also auf der Strecke.
Nach einer Berechnung des UN-Umweltprogramms könnten die Kalorien, die bei der Umwandlung von pflanzlichen in tierische Lebensmittel verloren gehen, theoretisch 3,5 Milliarden Menschen ernähren.